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Nachruf zum Tod von Berthold Kamm

Am 9. März 2016 verstarb unser Gründer Bertold Kamm wenige Wochen vor seinem 90igsten Geburtstag in seiner Heimatstadt Nürnberg.  Er gründete 1981 gemeinsam mit engagierten Mitstreitern die Hans-Weinberger-Akademie (HWA) der AWO e.V. und eröffnete an fünf Standorten in Bayern Berufsfachschulen für Altenpflege, Altenpflegehilfe und Physiotherapie. Im Laufe der Jahre kamen Weiterbildungs- und Beratungsangebote für Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens dazu. „Der Mut, das Engagement und das Wirken von Bertold Kamm prägt die HWA von Beginn an. Er war für uns immer Ansprechpartner und Mentor. Mit Berthold Kamm verlieren wir unseren wichtigsten Ratgeber und unser Vorbild. Er prägt unsere Arbeit bis heute und wird es auch weiterhin tun“, sagt Mona Frommelt, Direktorin der HWA.

Das Leben und Wirken von Bertold Kamm kann nur verstehen, wer seine Wurzeln kennt. Ein politisch engagiertes Elternhaus prägte ihn ebenso wie das Leid, das er in der NS-Zeit erleben musste.

Geboren am 10. Mai 1926 in Schorndorf/Baden-Württemberg, wuchs Kamm in einem sozialpolitisch geprägten Elternhaus auf, beide Eltern saßen für die USPD im Württembergischen Landtag und engagierten sich früh gegen die aufkommenden nationalsozialistischen Einflüsse. Mit der Machtergreifung Hitlers veränderte sich das Leben in der Familie Kamm drastisch: Kamm´s Vater Gottlob wurde in Ulm für ein Jahr in „Schutzhaft“ genommen und  musste bis zum Kriegsende um sich und seine Familie bangen.

Auch Kamm selbst, der sich im dritten Reich den Nationalsozialisten widersetzte, wurde von der Gestapo gefangengenommen und gefoltert. Nach seiner Rückkehr aus englischer Kriegsgefangenschaft, wo er als Lagerpfarrer wirkte, hielt er noch am gleichen Abend vor der SPD in Endersbach eine Rede, in der er die Rückkehr zu Demokratie und Menschenrechten als gemeinschaftliche Aufgabe forderte. Bis zu seinem Lebensende wurde Bertold Kamm nicht müde, seine Erfahrungen aus der Zeit der Unterdrückung und Verfolgung durch die Nationalsozialisten und die Grausamkeit des zweiten Weltkrieges an die Generationen weiterzugeben, die das Glück haben, in Frieden und Wohlstand groß zu werden. Als Zeitzeuge hält er an Schulen Vorträge gegen das Vergessen und engagiert sich im »Bund Widerstand und Verfolgung Bayern« wie auch in der »AG ehemals verfolgter Sozialdemokraten«.

Die Chance auf berufliche Bildung für alle Gesellschaftsschichten war Kamm  stets ein zentrales Anliegen. Bildung bedeutet für ihn ein hohes Gut und den Zugang zu einem Leben in Würde. In diesem Geiste wirkt die HWA seit ihrer Gründung. Ihm zu Ehren wurde der Bertold Kamm Solidaritätsfonds ins Leben gerufen, der für Bildungschancen und Bildungsgerechtigkeit steht, ungeachtet sozialer und kultureller Herkunft.  Er ermöglicht, die Ausbildung an unseren Akademien auch unter schwierigen Bedingungen erfolgreich zum Anschluss zu bringen.

Die Hans-Weinberger-Akademie der AWO e.V. trauert um Bertold Kamm. Unsere Anteilnahme gilt seiner Frau Ruth, seinen Töchtern und Enkelkindern. Wir werden sein Andenken bewahren und in seinem Geiste unsere Arbeit fortsetzen.